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Ein Wortschatz für Gefühle: Wie Geschichten mein Kind auf den Kindergarten- und Schulstart vorbereiten können

Ein Wortschatz für Gefühle: Wie Geschichten mein Kind auf den Kindergarten- und Schulstart vorbereiten können | Blogbeitrag von Molemin

Bald ist es wieder so weit: Im August beginnt für viele Kinder ein neuer Lebensabschnitt, denn sie kommen in den Kindergarten oder in die Schule. Ein neues Abenteuer beginnt und bringt viele Veränderungen für die Kinder und auch für die ganze Familie mit sich. Für jedes Kind ist das ein besonderes Ereignis. Wir haben mit Sandra Näf-Gloor, ausgebildete Kindergärtnerin mit langjähriger Berufserfahrung im Bereich Gewaltprävention und seit 2019 Inhaberin der Basler Kinderbuchhandlung «Proviant», darüber gesprochen und Tipps erhalten, wie wir Kinder bei dieser grossen Veränderung unterstützen und liebevoll begleiten und auch uns selbst als Eltern oder Bezugsperson mental darauf vorbereiten können.

Deine Buchhandlung «Proviant» ist auf Literatur spezialisiert, die Kinder in ihrer Lebenswelt abholt und für sie wichtige Themen wie Gefühle, Freundschaft und Identität aufgreift. Im August beginnt für viele Kinder der Kindergarten oder die Schule. Wie kann ich als Eltern, Grosseltern oder Geschwister mein Kind, Grosskind, Bruder oder Schwester bei diesem grossen Schritt begleiten und unterstützen?

Sandra Näf-Gloor: Als ehemalige Kindergärtnerin habe ich diesen Kindergartenstart immer wieder erlebt, und während meiner 10-jährigen Tätigkeit in der Gewaltprävention habe ich viel mit Schulen, Kindern und Eltern zusammengearbeitet. Grundsätzlich würde ich raten, dass man sich als Eltern nicht zu viele Gedanken machen sollte.

Eine solche Veränderung löst viele Gefühle aus – bei Kindern und Erwachsenen. Wir als Erwachsene müssen uns bewusst sein, dass wir einen grossen Einfluss auf die Gefühle der Kinder haben. Wenn wir die Kinder zum Beispiel ständig fragen «Bist du aufgeregt?» oder «Es macht dir schon etwas Angst, oder?», können wir auch Gefühle in Kinder hineinprojizieren. Wir haben als Eltern die Aufgabe, die Schule als etwas Tolles, etwas Lebendiges darzustellen. Man lernt ja nicht nur Schreiben und Rechnen, sondern auch Freunde fürs Leben kennen oder wie man in einer Gesellschaft oder Gruppierung miteinander umgeht.

Wenn man seine eigenen Gefühle reflektiert und die Kinder in ihrer Neugierde, die sie ja häufig mit sich bringen, bestärkt, kann man sie in dieser neuen Situation gut unterstützen. Auch, indem man den Weg zum Kindergarten oder zur Schule vorher gemeinsam läuft, das Gebäude mal von aussen anschauen geht. Häufig gibt es auch einen Besuchstag. Sich ein Bild machen, ist oft ein wichtiger Schritt. Mein Fazit: Nicht Angst vermitteln, sondern Freude.

 

Wie rede ich mit meinem Kind über Ängste und Sorgen?

Sandra: Ich finde es immer gut mit Geschichten zu arbeiten. Das Buch «Da Sein. Was fühlst du?» von Kathrin Schärer finde ich zum Beispiel wunderbar, um sich abends hinzusetzen und es gemeinsam anzuschauen. Die Formulierung von Gefühlen ist schwierig. Diesen Wortschatz müssen Kinder erst aufbauen. Mit 4 Jahren kann man die Gefühle noch nicht so wahnsinnig gut ausdrücken, aber mit Bildern kann man besser sagen, wie man sich fühlt. Das heisst also, wenn man mit Kindern über Ängste und Sorgen reden will, muss man ihnen auch einen Wortschatz dafür geben.

Ich finde es gut, wenn es im Austausch geschieht. Wir haben eine Vorbildfunktion und sollten selbst über Gefühle reden. Wir können nicht erwarten, dass die Kinder über ihre Sorgen und Ängste reden, wenn wir nichts dazu sagen. Natürlich muss man immer überlegen, was zumutbar ist. Ich denke, in unserem Arbeitsalltag sind wir manchmal auch ungeduldig oder genervt und dann kann man sagen «Bei mir gab es heute auch so eine Situation», um es für Kinder verständlich zu machen. Mit der Zeit braucht es dann keine Geschichten mehr, weil der Wortschatz dazu vorhanden ist.

Ein bisschen Kontrolle sollte man als Eltern aber auch abgeben und nicht die Erwartungshaltung haben, dass man über alles informiert ist. Bei der Frage «Wie war’s?», wenn das Kind nach Hause kommt, kommt meistens keine Antwort. Die Frage ist irgendwie zu gross. Aber mit Hilfe von Büchern oder indem ich von einer Situation aus meinem eigenen Tag erzähle, wird es für das Kind konkreter und wenn ich dann frage «War bei dir auch irgendetwas Spezielles?» oder «Hast du dich heute auch einmal geärgert?», dann kommt häufig auch etwas zurück. Da dem Kind einfach Raum und Zeit geben.

 

Welche Bücher würdest du empfehlen, um Kinder auf diese Veränderung vorzubereiten?

Sandra: Ich habe vor allem Bücher herausgesucht, die von Gefühlen handeln. Eine Veränderung ruft auch immer Gefühle hervor. Ich finde Bücher sehr wichtig, um eine Sprache, einen Wortschatz für Gefühle aufzubauen. Für mich ist es auch immer ein Qualitätskriterium für ein Buch, wie Gefühle herausgearbeitet werden in einer Geschichte und welcher Wortschatz gewählt wurde. Auch Erwachsene können aus diesen Geschichten sehr viel für sich mitnehmen.

Sehr gerne stelle ich euch meine Lieblingsbücher zu diesem Thema vor:

«Männer weinen» von Jonty Howley. In diesem Bilderbuch geht es um den ersten Schultag und die Gefühle, die ein solcher Neuanfang auslöst – bei Vater und Sohn.

«Unsere unglaubliche Reise in den Kindergarten» von Daniela Kulot handelt vom Weg in den Kindergarten und wie wichtig es ist, dass Kinder diesen auch allein machen können. Eltern macht das oft Angst. Manche Ängste von Eltern sind sicher auch begründet, dennoch ist das Loslassen sehr wichtig. Es ist eine Kindergeschichte, aber manchmal geben solche Geschichten den Eltern genau so viel wie den Kindern.

«Willi Wiberg. Der grosse Sammelband.» von Gunilla Bergström. Diese alten schwedischen Geschichten von Willi Wiberg sind auch einzeln erhältlich, nicht nur im Sammelband. Eine daraus habe ich meinem Sohn vor dem ersten Schultag vorgelesen. Es geht darum, dass der Vater wahrnimmt, dass sein Kind ruhiger, weniger wild, ist als sonst. Der Vater erzählt dann eine Geschichte und sagt, dass viele Kinder gerade wachliegen und sich überlegen, wie es am ersten Schultag wohl sein wird. Alle haben Angst, sind neugierig und aufgeregt. Hier wird also ein Gefühl benannt und zugleich gesagt, dass es okay ist so zu fühlen. Am nächsten Tag kommt Willi Wiberg nach Hause und sagt, die Lehrerin habe ein Geheimnis verraten: Nicht die Schulkinder hatten die meiste Angst vor dem Schulanfang, sondern sie, die Lehrerin. In diesem Buch finde ich besonders schön, wie deutlich wird, dass alle Angst verspürt haben.

Das Buch «Liebe» von Corinne Averiss und Kirsti Beautyman handelt von der Verbundenheit, dem Band zwischen Menschen. Im Kindergartenalter ist es vielleicht noch zu früh, aber im Schulalter können Kinder das so langsam verstehen: Die Symbolik vom miteinander verbunden sein und Freundschaften schliessen, aber auch dieses starke Band zu ganz speziellen Menschen, das immer da ist, nie reissen wird, auch wenn man einander nicht sieht. Ein sehr schönes Buch, vor allem für Kinder, die Mühe haben, wenn sie von den Eltern getrennt sind. Zusätzlich kann man dem Kind auch etwas in den Hosensack stecken, was an dieses symbolische Band erinnert, so dass man dem Kind Sicherheit geben kann.

In «Der Ernst des Lebens» von Sabine Jörg und Antje Drescher wird die Thematik mit Humor und ein wenig Ironie aufgegriffen. Die Erwachsenen sagen vor dem Schulanfang: «Jetzt beginnt der Ernst des Lebens». Mit dieser Formulierung misst man der Schule sehr viel Gewicht bei. Das Mädchen lernt dann den «Ernst des Lebens» kennen, denn ihr Banknachbar in der Schule heisst Ernst. Es zeigt, dass manchmal die Eltern mit etwas Mühe haben, was für Kinder gar nicht schlimm ist.

Zu guter Letzt: «Ei, Ei, Ei! Die Maus hilft aus» von Lorenz Pauli und Kathrin Schärer. Das Buch schildert die ersten Erfahrungen der Fremdbetreuung, das kann auch die Kindertagesstätte oder Spielgruppe sein. Es zeigt, wie es ist, in einer Gruppe zu sein.

 

Was sind Kompetenzen, die wir als Eltern unterstützen können oder sollen bei dieser wichtigen Veränderung? 

Sandra: Ich erwähne hier nicht die fachlichen Kompetenzen. Das ist natürlich auch ein wichtiges Thema. Aber um das geht es mir jetzt nicht. Das lernt man alles. Mir geht es ums Emotionale. Es ist sicher gut, wenn die Kinder schon einmal fremdbetreut worden sind. Das ist aber Übungssache und auch der Kindergarten ist ein Lernfeld, ein Schritt mehr in die Selbstständigkeit. Und den einen gelingt es früher und die anderen haben ein bisschen länger. Da muss man die Eigenheiten des Kindes anschauen und sie dort unterstützen und bestärken, wo sie stehen. Ich glaube mehr kann man nicht machen als Eltern. Hinschauen, wahrnehmen, spüren und die eigenen Ängste und Sorgen klar abgrenzen von den Ängsten und Bedürfnissen des Kindes.

Wichtig finde ich auch im Dialog zu bleiben mit den Lehrpersonen. Es braucht einen guten Austausch zwischen Eltern und Lehrpersonen. Ich als Mutter hatte immer das Gefühl, dass ich eine Seite meines Kindes ja gar nicht kenne. Ich war froh um diesen Austausch. Da muss man Vertrauen haben in diese Fachpersonen. Die wissen, was sie machen.

 

Was wäre dein Buchtipp für nervöse Eltern?

Sandra: Passend zum Monatsthema habe ich jeweils eine ganz kleine Auswahl an Erwachsenenliteratur. Wenn irgendwie passend, wähle ich dabei gerne ein Buch vom Psychologen Fabian Grolimund aus. Auf ihn kann man gut verweisen. Er arbeitet viel mit Eltern, hat auch Onlinetools und er nimmt die Kinder so wahr, wie ich auch. Wenn ich eine Empfehlung aussprechen soll, dann würde ich ihn empfehlen. Also natürlich, neben Remo Largo. Er ist der Klassiker auf diesem Gebiet.

 

Über Sandra Näf-Gloor und die Kinderbuchhandlung «Proviant»:

Vor 3.5 Jahren hat Sandra Näf-Gloor die Basler Kinderbuchhandlung «Proviant» eröffnet. Der Laden befindet sich an der Spalenvorstadt 36 in Basel, in unmittelbarer Nähe zum Spalentor.

Sandra Näf-Gloor ist ursprünglich Lehrperson Kindergarten, hat anschliessend Sozialwissenschaften an der Universität Basel studiert und danach 10 Jahre in der Gewaltprävention an Schulen gearbeitet. Sie ist zweifache Mutter.

Die Bücherauswahl bei «Proviant» fokussiert sich darauf, soziale und emotionale Kompetenzen von Kindern zu fördern und aufzubauen. Das Leitmotiv ist Gefühle und Aspekte von Beziehungen und Problemlösen aufzugreifen. Das Hauptziel ist es, Kinder mit Geschichten auszurüsten, die ihnen auf dem Weg ins Leben etwas geben. 

 

Wir haben euch von unserer Seite noch einige Produkte zusammengestellt für nützliche Helfer und kleine Geschenke für den Kindergarten- und Schulstart. Dazu gehören schöne Rucksäcke und Turnbeutel, praktische TrinkflaschenLunchboxen und Thermosbehälter, Portemonnaies für das erste Sackgeld oder ein Kuscheltier oder eine Puppe zum Mut machen oder als Maskottchen.

Molemin - natürlich Kind wünscht allen Kindern und jenen, die sie auf diesem Weg begleiten, einen guten Start in das neue Abenteuer!

 

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